Multichannel [Teil 1]: Online-Marktplätze im Überblick

06.06.2013 von Jens Martin Baumgartner

Kunden wechseln inzwischen selbstverständlich zwischen den unterschiedlichen Verkaufskanälen hin und her. Ob es die vorangegangene Informationsbeschaffung via Handy und der anschließende Kauf im stationären Geschäft ist, oder das Durchstöbern eines Katalogs und der nachfolgende Kauf im Online-Shop. Zahlreiche Studien zeigen, dass Onlinehändler, die neben dem Internet noch über andere Vertriebskanäle, wie etwa dem Ladenlokal oder durch Kataloge verkaufen, ihren Online-Umsatz um rund 15 % steigern können.

Doch auch im World Wide Web gibt es neben dem eigenen Online-Shop zahlreiche Möglichkeiten, Produkte zu verkaufen. Am bekanntesten dürften wohl die Online-Marktplätze eBay und Amazon sein, doch kämpft neben den beiden Online-Riesen eine Vielzahl kleinerer Marktplatz-Anbieter um die Gunst der Händler.

Online-Marktplätze im Vergleich

Online Marktplätze im Vergleich

Online Marktplätze im Vergleich


1. Online-Marktplatz Amazon

amazon

Amazon kontrolliert ein Viertel des deutschen Versandhandels. 8,7 Milliarden Dollar, umgerechnet 6,8 Milliarden Euro, betrug der Erlös des Online-Versandhändler hierzulande im vergangenen Jahr.

Der 1994 gegründete Konzern ist damit einer der größten Online-Marktplätze, auf dem Händler ihre Waren anbieten können. Es gibt kaum ein Produkt, welches man auf Amazon nicht kaufen kann. Dort platzierte Artikel haben gute Chancen, über Google oder direkt über die interne Suche von Amazon gefunden zu werden.

Mittlerweile bietet Amazon neben dem Online-Marktplatz noch andere Dienstleistungen an. So können Händler unter dem Schlagwort „Versand durch Amazon“ ihre Logistikprozesse an Amazon auslagern. Dabei übernimmt der Online-Riese nicht nur die Lagerhaltung und den Versand, sondern angeschlossene Marktplatzhändler können auch am immer stärker nachgefragten Versandservice „Amazon Prime“ teilnehmen. Zudem bietet Amazon in Deutschland auch die Miet-Shoplösung „Amazon Webstore“ an. Online-Händler haben damit zum einen eine leistungsfähige Shopsystem Alternative zur Verfügung und können zugleich die Synergien zwischen dem eigenen Onlineshop und dem Verkauf auf der E-Commerce-Plattform Amazon maximieren

Doch leider gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Denn einerseits ist Amazon nicht nur Marktplatzbetreiber sondern agiert auch selbst als Verkäufer. Den Online-Marktplatz nutzt Amazon dabei nicht zuletzt, um aus erster Hand wertvolle Daten über Markt- und Produkttrends zu gewinnen. So musste der ein oder andere Händler bereits die Erfahrung machen, dass sein Online-Marktplatz-Verkaufsschlager nur ein paar Tage später auch von Amazon zu meist besseren Konditionen angeboten wurde. Des weiteren müssen Händler die ihre Produkte über Amazon vermarkten wollen einer sogenannten Preisparitätsklausel zustimmen, die untersagt den teilnehmenden Shopbesitzern Produkte Online, wie zum Beispiel auf anderen Marktplätzen oder im eigenen Shop, zu günstigeren Festpreisen anzubieten.

2. Online-Marktplatz eBay

eBay

eBay ist nach Amazon die reichweiten- und handelsvolumenstärkste Online-Marktplatz-Plattform in Deutschland. Anders als bei Amazon agiert eBay nur als Plattformbetreiber und Vermittler und steht zu den Händlern nicht in Konkurrenz. eBay hat sich vom reinen „Aktionshaus“ zu einem professionellen Online-Marktplatz entwickelt. Das zeigt der Anteil an Festpreisen, welcher Ende 2012 rund 68 Prozent des Handelsvolumens betrug, deutlich.
Des Weiteren arbeitet eBay daran, sowohl die Ansicht der einzelnen Produktkategorien wie auch die eBay-Startseite zu überarbeiten und damit eine Einkaufsoberfläche zu bieten, die den vom Netzwerk Pinterest populär gemachten Gedanken der „Produktwolke“ fortführt.
eBay konnte in den letzten Jahren viele große Hersteller- und Händlermarken mit eigenen Shops und Markenwelten für sich gewinnen.

Aber auch eBay hat Nachteile. So verlangt die Online-Plattform, um in der Standardsortierung der Suchergebnisse möglichst weit vorne zu erscheinen von den eBay-Händlern eine erstklassige Performance – sowohl bei der Artikelbeschreibung, wie auch bei der Kundenkommunikation, der Bearbeitungszeit und beim Versandservice. Weiterhin gibt es in Deutschland immer noch keinen händlerübergreifenden Warenkorb. Kauft ein Kunde beispielsweise ein technisches Gerät zugleich mit einem Zubehörartikel, muss er zwei getrennte und zum Teil grundverschiedene Käufe abwickeln.

3. Online-Marktplatz Rakuten

Rakuten

Rakuten ist ein japanisches E-Commerce-Unternehmen, das neben dem Online-Marktplatz Rakuten Ichiba unter anderem einen eigenen Logistikdienst sowie Bank-, Versicherungs- und Reiseservices anbietet. Um sich auch außerhalb Japans beweisen zu können, kaufte Rakuten Handelsplattformen wie Buy.com (USA), Priceminister.com (Frankreich), Play.com (UK) sowie den deutschen Online-Marktplatz Tradoria auf.

Rakuten versteht sich als E-Commerce-Komplettlösung. Neben dem Shopping-Portal, auf dem alle Artikel der registrierten Händler gelistet werden, bietet es eine komplette Shop-Software als eigenständiges Produkt an und übernimmt die kostenlose und fortlaufende Pflege rechtlicher Hinweise und Anforderungen wie die Endkunden-AGB, Widerrufsbelehrungen oder Grundpreisangaben.
Außerdem werden alle Rakuten-Shops von Trusted Shops zertifiziert. Gleichzeitig gibt es vielfältige Marketing-Tools zur Unterstützung der Online-Händler.

Rakuten nutzt ein internes Rankingsystem, das sich unter anderem nach der Qualität des Content und der Bilder, nach der Zuverlässigkeit des Händlers und nach den Produktbewertungen richtet. Händler haben zusätzlich die Möglichkeit, Werbe- und Bannerplätze zu buchen.

4. Online-Marktplatz MeinPaket.de

MeinPaket

MeinPaket.de ist eine von der Post-Tochter DHL gestartete Händler-Plattform, in die stark investiert wird, um für Versandhandels-Kunden, die ihre Reichweite erhöhen wollen, attraktiv zu sein.
MeinPaket richtet sich ausschließlich an Online-Händler, die ihre Produkte zu Festpreisen verkaufen wollen.

Ein zentraler Checkout über das speziell entwickelte System Postpay und die qualitativ hochwertige redaktionelle Aufbereitung der Artikelseiten sorgen für eine hohe Verkaufsqualität.
Zusätzliche Kundenaufmerksamkeit erzielt MeinPaket.de zum einen durch das integrierte Daily Deal Format „Oberhammer!“ und zum anderen durch einen zweimal im Jahr erscheinenden, magazinartig gestalteten Print-Katalog.

5. Online-Marktplatz Hitmeister

Hitmeister

Hitmeister versteht sich als eines der größten deutschen Festpreis Shopping-Portale. Der Online-Marktplatz hebt sich vom Wettbewerb durch ein umfassendes Modell ab, bei dem der Marktplatzbetreiber gegenüber dem Kunden als Verkäufer der Produkte in Erscheinung tritt und den Händlern damit viele Überlegungen und Bedenken abnimmt.

Auf den internen Such- und Übersichtsseiten werden die Produkte anhand des Salesrank und einigen weiteren kaufrelevanten Kriterien angeordnet. Grundsätzlich ist auch der Preis bei einzelnen Angeboten ein wichtiger Faktor; Händler haben aber die Möglichkeit, sich über einen schnelleren Versand oder viele positive Bewertungen besser zu positionieren.
Sollte ein Kunde bereits einen Artikel eines bestimmten Händlers im Warenkorb haben, werden bei der weiteren Einkaufstour dieses Kunden die Angebote dieses Händlers weiter oben angezeigt, um eine Versandkostenoptimierung zu ermöglichen. Diese Funktion kommt vor allem Händlern mit einem breiten Angebot zugute.

6. Online-Marktplatz Yatego

Yatego

Yatego zählt mit 10.000 angebundenen Händlern und rund 10 Millionen Besuchern monatlich zu einem der führenden E-Commerce-Portale im deutschsprachigen Raum. Kunden können aus rund vier Millionen Artikeln wählen. Die gesamten Bezahlvorgänge werden durch ein unabhängiges Treuhand-Bezahlsystem sowie per Kreditkartenpayment abgesichert. Unterstützt wird Yatego von einem breiten Partnernetzwerk, das vom Shopzertifizierer EHI Retail Institut über den Rechnungskauf-Abwickler PayProtect bis zu dem Rechtstexte-Dienstleister Protected Shops reicht.

Das Ergebnis der Produktsuche wird nach Beliebtheit sortiert, wobei der Kunde auch die Sortierung nach Preis oder Bezeichnung wählen kann. Zusätzlich können Händler unterschiedliche Werbeformate buchen und weitere Marketingfunktionen für ihre Artikel nutzen, z. B. Cross-Selling.

Online-Marktplätze: Die Qual der Wahl

Wer als Händler auf Online-Marktplätzen vertreten sein will, hat somit die Qual der Wahl. Betrachtet man ausschließlich die Reichweiten der einzelnen Online-Marktplätze, führen Amazon und eBay ganz deutlich das Feld an. Doch kann die Abhängigkeit von einzelnen Marktplätzen nicht das Interesse eines Händlers sein. Deshalb sollte im Einzelfall überprüft werden, welcher Online-Marktplatz zum individuellen Geschäft, insbesondere zum Sortiment und zur Zielgruppe, passt. Je nach Branche können sich auch andere Online-Marktplätze sehr gut zusätzlich eignen.
Neben der Generierung zusätzlicher Umsätze sind Online-Marktplätze besonders zur Gewinnung von Neukunden geeignet. Dem gegenüber stehen zum Teil immense Marktplatzgebühren, weshalb man vor allem den Kostenaufwand, z.B. auch die technische Umsetzung der eigenen Bestandsverwaltung, im Blick behalten muss.

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Jens Martin Baumgartner